Fulfillment Benchmarking 2016
Wie ist es um den Online-Fashion-Handel bestellt? Welche Services gehören für Online-Händler mittlerweile zum Standard? Ist Amazon noch immer das Maß aller Dinge oder können andere Anbieter mithalten? Mit Fragen wie diesen befasst sich die Erhebung „Fulfillment Benchmarking“, die bereits zum zweiten Mal von hmmh herausgegeben wird. Sie untersucht den Fulfillment-Prozess von 30 verschiedenen Online-Shops und nimmt die Prozesszeiten rund um Bestellung, Payment, Versand und Packaging, Service sowie Retouren unter die Lupe. Der Report liefert nicht nur Einblicke in den Status quo des Online-Modemarkts, sondern stellt auch „Best Practice“-Beispiele vor und gibt Handlungsempfehlungen.
Bremen, den 20. Juni 2016 — Zum zweiten Mal hat hmmh die Erhebung „Fulfillment Benchmarking“ durchgeführt, um ein möglichst umfassendes und aussagekräftiges Bild über den Status quo des Online-Fashion-Handels zeichnen zu können. Im Rahmen der Untersuchung, die über einen Zeitraum von acht Wochen erfolgte, hat die Bremer Agentur für Connected Commerce den Fulfillment-Prozess – von der Bestellung über Bezahlung, Versand, Packaging und Service bis hin zur Retoure sowie die jeweiligen Prozesszeiten – von 30 Online-Shops aus dem Bereich Fashion analysiert. Beleuchtet wurden dabei wie bereits bei der ersten Erhebung 2014 fünf Online-Pure-Player, fünf Multi-Label-Händler, fünf klassische Versandhändler und 15 Herstellermarken. Um Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurde jeweils ein T-Shirt aus der Kategorie Damenoberbekleidung bestellt. Außerdem erfolgten alle Bestellungen an einem Werktag zwischen 18 und 20 Uhr im Februar bzw. März 2016. Voraussetzung für die Auswahl des Kleidungsstücks war die sofortige Verfügbarkeit des Artikels. Bezahlt wurde per Kreditkarte und als Versandart wurde der Standardversand ausgewählt.
Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick
Im Vergleich zur Erhebung im Jahr 2014 zeigt sich, dass die Prozesse der Online-Händler erheblich optimiert wurden. Im Folgenden sind die wichtigsten Ergebnisse des Reports zusammengefasst.
Amazon hat bei Bestellungen von Neukunden Nachholbedarf
Niedrige Bestellbarrieren so wie klar strukturierte Bestellwege und ein einfacher Checkout-Prozess tragen wesentlich zum Erfolg eines Online-Shops bei. Die Händler sind sich dieser Tatsache bewusst: Bei mehr als der Hälfte aller getesteten Anbieter müssen Neukunden nur noch vier bis sechs Schritte im Checkout-Prozess befolgen. Lediglich bei zwei Online-Shops benötigen sie mit über sechs Stationen mehr Geduld – 2014 war dies noch bei der Hälfte aller Anbieter der Fall. Während Mango das Feld mit nur drei Schritten anführt, bildet Amazon beim Erst-Checkout mit zehn Prozessstufen das Schlusslicht. Bei späteren Einkäufen zeichnet sich Amazon dafür durch das One-Click-Verfahren als umso kundenfreundlicher aus.
Der Anteil der Online-Shops, die einen Mindestumsatz fordern, hat sich im Vergleich zu 2014 halbiert. Vor zwei Jahren musste der Warenkorb noch bei jedem dritten einen bestimmten Einkaufswert erreichen, 2016 ist dies nur noch bei vier Anbietern (13 Prozent) der Fall. Allerdings ist die Zahl derer, die Gastbestellungen, also die Bestellung ohne ein Kundenkonto, ermöglichen, zurückgegangen: 2014 boten dies noch 63 Prozent, also 19 der getesteten Shops an, nun ist es nur noch die Hälfte.
Die meisten Online-Shops bieten sieben bis neun verschiedene Zahlungsoptionen
Der Kauf mit Kreditkarte (Visacard und Mastercard) ist bei allen Online-Shops möglich und damit die am häufigsten angebotene Bezahlmethode. Danach folgen der Kauf auf Rechnung (90 Prozent) und PayPal (87 Prozent). 14 Anbieter, also knapp die Hälfte aller Shops (47 Prozent) bieten insgesamt sechs oder sieben Zahlungsoptionen an, weitere 40 Prozent (zwölf Shops) acht oder neun Alternativen. Zu dieser Gruppe gehört auch Amazon mit ebenfalls acht Zahlungsmöglichkeiten.
Versandkosten sind die Regel, nicht die Ausnahme
Gerade bei den Versandzeiten herrschen hohe Standards: 23 Online-Anbieter (75 Prozent) benötigen nicht länger als zwei Werktage, um die Ware zuzustellen (2014: 67 Prozent). Im Schnitt vergehen von der Bestellung der Ware bis zur Auslieferung gerade einmal 51 Stunden. Amazon hat sich mit 40 Stunden im Vergleich zu 2014 verbessert (50 Stunden). Mittlerweile führt jedoch eine ganze Reihe von Anbietern die Best-Practice-Liste an. Händler wie Zara, Zalando und Gerry Weber unterbieten Amazon sogar um bis zu 30 Minuten.
Kostenloser Versand hat sich hingegen auch 2016 nicht durchgesetzt: Durchschnittlich müssen Kunden 4,02 Euro dafür bezahlen. Nur vier der untersuchten Anbieter (13 Prozent) gewähren ihren Kunden kostenlose Standardlieferungen wie auch bereits in 2014. Weitere sieben Shops (23 Prozent) erlassen ab einem bestimmten Warenkorbwert die Pauschale (2014: 17 Prozent). Am günstigsten versenden Esprit und Tom Tailor mit gerade einmal 95 Cent.
Händler vergeben Potenziale durch mangelnde Erreichbarkeit am Wochenende
Eine gute Erreichbarkeit ist für Online-Händler ein Muss: Alle getesteten Shops nennen deshalb eine Kontakt-E-Mail-Adresse und stehen ihren Kunden unter der Woche von 8 bis 20 Uhr telefonisch zur Verfügung – bei 70 Prozent, also bei 21 Händlern, ist der Anruf sogar kostenlos (2014: 47 Prozent). Bei 23 von ihnen (77 Prozent) ist das Callcenter auch samstags besetzt (2014: 72 Prozent). Lediglich der für Online-Shopping so beliebte Sonntag wird von vielen verschlafen. Weniger als die Hälfte (43 Prozent/13 Shops) bietet ihren Service an diesem Tag an, vier dieser Anbieter sind dabei sogar rund um die Uhr erreichbar. Neben der Hotline erfreut sich auch der Live-Chat zunehmender Beliebtheit: 27 Prozent (acht Anbieter) bieten einen solchen an, der auf Kundenseite die Hemmschwelle für einen Kontakt senken und das Callcenter entlasten kann (2014: 17 Prozent).
Für alle 24 getesteten Multichannel-Händler mit Filiale sind darüber hinaus besonders Cross-Channel-Services wichtig: Click & Collect, also der kostenlose Versand in die Filiale, wird bereits von 58 Prozent (14 Shops) angeboten. Eine Retour-Abwicklung in der Filiale ist bei 50 Prozent möglich. Um eine hohe Nutzerfreundlichkeit auch auf Smartphones zu gewährleisten, verfügen alle Anbieter darüber hinaus über mobil optimierte Webseiten.
Der Retouren-Prozess wurde im Vergleich zu 2014 optimiert
Der Retouren-Prozess der meisten Anbieter hat sich im Vergleich zu 2014 verbessert: Im Schnitt warten Kunden nur noch halb so lange (3,5 Werktage) auf die Rückerstattung des gezahlten Betrags. 64 Prozent und damit 19 Händler bieten ihnen dabei das gesetzlich geregelte Widerrufsrecht von 14 Tagen an. Bei knapp einem Drittel (23 Prozent), darunter auch Amazon, können Kunden bestellte Artikel 30 Tage zurückgegeben. Nur vier Shops (13 Prozent) können dies noch überbieten: Fashion ID bietet 60 Tage und Adidas, About You sowie Zalando ermöglichen sogar 100 Tage Rückgaberecht.
Trotz der 2014 erlassenen EU-Richtlinie, die besagt, dass grundsätzlich die Einkäufer die Kosten für Rücksendungen zu tragen haben, übernehmen alle getesteten Anbieter diese weiterhin. Um die Rücksendung für die Kunden zudem zu vereinfachen, legen 93 Prozent der Händler (28 Shops) außerdem einen Retouren-Aufkleber der Bestellung bei – lediglich Amazon und Zara fordern von ihren Kunden, dass sie online einen Retouren-Schein erstellen und ausdrucken. Darüber hinaus ist der Rücksendungsprozess bei Amazon vergleichsweise langwierig: Sieben Schritte muss der Kunde online zurücklegen, bis er schließlich das Etikett drucken kann.
Fazit
Die Erwartungen der Kunden sind in den vergangenen zwei Jahren stark gestiegen. Darauf haben auch die 30 getesteten Shops der Erhebung reagiert: „Gerade bei den Prozesszeiten legen sich die Händler ins Zeug. Eine durchschnittliche Lieferzeit von 51 Stunden ist wirklich beachtlich. Darüber hinaus sind für Online-Shops besonders Investitionen in den Service und die Kommunikation unerlässlich: Kunden sollten im besten Fall sowohl über den Versand- als auch den Retouren-Status informiert werden und immer die Möglichkeit haben, mit dem Anbieter in Kontakt zu treten. Das gilt besonders für den Sonntag, an dem viele Händler noch Potenziale liegen lassen, weil sie nicht erreichbar sind“, sagt Gerd Güldenast, Geschäftsführer von hmmh. „Überraschend finde ich, dass die Anzahl derer, die Bestellungen ohne Kundenkonto ermöglichen, abgenommen hat, weil Gastbestellungen die Hürde für den Ersteinkauf mindern können.“
Im Vergleich zu Amazon haben viele der getesteten Shops seit 2014 aufgeholt, so Gerd Güldenast weiter: „Was Versand- und Abbuchungszeiten betrifft, ist Amazon im Durchschnitt immer noch an der Spitze, allerdings haben andere Shops hier nicht nur aufgeholt, sondern teilweise bereits überholt. In einigen Bereichen, wie etwa bei der Rücksendung von Waren oder im Checkout-Prozess bei Neukunden, sollte sich Amazon mittlerweile etwas von der Konkurrenz abschauen.“
Den Report mit allen Ergebnissen sowie Handlungsempfehlungen und „Best Practice“-Beispielen können Sie sich hier kostenlos herunterladen.
Darüber hinaus stehen Ihnen die Verantwortlichen der „Fulfillment Benchmark“-Erhebung jederzeit gerne als Gesprächspartner zur Verfügung.