Personalisierung vs. Hyper-Personalisierung im Web
Was ist Personalisierung im Web?
Personalisierung im Web ist die Anpassung von Webseiten und Onlineshops an die Bedürfnisse, Interessen und Präferenzen der Nutzer*innen. Dabei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, wie z.B. das Nutzendenverhalten, die demografischen Merkmale, die geografische Lage, die Kaufhistorie, die Suchanfragen oder die Geräte, die die Nutzer*innen verwenden. Ziel der Personalisierung ist es, die Nutzendenerfahrung zu verbessern, die Bindung von Kund*innen zu erhöhen, die Konversionsrate zu steigern und die Relevanz der Inhalte und Angebote zu erhöhen.
Wir wollen beleuchten inwieweit Personalisierung heute verwendet wird, was die Grundlagen und der Nutzen sind und was sich hinter der nächsten Stufe der Personalisierung, der Hyper-Personalisierung, verbirgt.
Was ist alles personalisierbar?
Tatsächlich kann fast alles im Rahmen einer Customer Experience personalisiert werden. Hierbei müssen jedoch weiterhin die Grundsätze der Markenkommunikation beachtet werden. Personalisierte Inhalte müssen sich immer in diesem Rahmen wiederfinden und Marken müssen sich auch auf Grenzen der Personalisierung einigen, da manche Botschaft fokussiert und vom persönlichen Adressaten unabhängig an jedem Touchpoint klar kommuniziert werden kann.
Wenn wir diese Rahmenbedingung beachten, lässt sich jedoch fast alles personalisieren, was wir in vier Bereichen zu den 4 C’s zusammenfassen wollen:
4 Personalisierungsbereiche
Was steckt jeweils dahinter?
Content
Unter Content verstehen wir alle Text-, Bild-, Audio- und Videoinhalte eines Touchpoints. Jedes Contentelement lässt sich grundsätzlich personalisieren. Beispiele hierfür sind Startseiten-Teaser, Landingpage-Content, Kategorieteaser oder Kampagnenwerbung. Hierbei ist es möglich, die passenden Bilder für jeden Nutzenden auszuwählen entsprechend seiner User-Journey oder entsprechend seiner Stammdaten, wenn es ein bekannter Nutzender ist. Hierdurch können bspw. Teaser entsprechend Geschlecht, Alter, Touchpoint, Uhrzeit oder Geografie anders sein. Das klassische Beispiel: Ein männlicher User bekommt Herrenmode-Teaser angezeigt, ein weiblicher User die Damenmode.
Wir sehen, dass der richtige Einsatz besonders dieses Elements die Absprungrate und die Verweildauer auf der Seite positiv beeinflussen kann.
Categories
Unter Categories verstehen wir die komplette Sortimentsauswahl und Sortimentsgestaltung sowie dessen Angebot für den jeweiligen User.
Möglichkeiten, die Personalisierung hier bietet, sind beispielsweise:
- Reihenfolge der angezeigten Artikel im Sortiment
- Sortierung des Suchergebnisses nach (persönlicher) Relevanz und Kaufwahrscheinlichkeit
- Filterung nach bekannten persönlichen Merkmalen
- Cross-Selling und Up-Selling Angebote, die zur User-Journey oder zum aktuellen Warenkorb-Inhalt passen
In diesem Bereich kann die Warenkorb-Höhe und Conversion im E-Commerce positiv beeinflusst werden. In dem die „richtigen“ Produkte oben im Suchergebnis erscheinen, kommen Kund*innen schneller zum Ziel und zum Kaufabschluss. Indem passende Zusatzangebote gemacht werden, kann der Warenkorbwert weiter erhöht werden. Investitionen in diesen Bereich der Personalisierung machen sich hierdurch bezahlt.
Conditions
Unter „Conditions“ verstehen wir das breite Feld der Verkaufskonditionen, die Einfluss auf den Preis haben. Zu den Conditions gehören:
- Der Verkaufs-Preis, der in seiner Höhe angepasst werden kann
- Promotions und Vouchers, die individualisiert an Kund*innen vergeben werden können
- Zahlungs- und Lieferarten, die je nach Kundenart angeboten werden
Hierbei können zwei Ziele hervorragend erreicht werden:
- Die Kaufwahrscheinlichkeit kann gesteigert werden, in dem der Preis entsprechend angepasst wird, wenn Kund*innen den Eindruck machen, dass sie eine Kaufabsicht haben, aber nur noch der richtige Impuls fehlt.
- Die richtige Promotion zum richtigen Zeitpunkt kann ebenfalls den Kaufimpuls geben, wobei dieses nicht nur den Preis betreffen kann, sondern ebenso reduzierte Versandkosten oder Rabatte.
- Zahlungs- und Lieferarten wiederrum können dem Risikomanagement dienen und Zahlungsausfällen und Missbrauch vorbeugen.
Häufig wird dieses Feld der Personalisierung kritisch gesehen, es ist aber gleichzeitig ein Feld mit einem großen Hebel.
Communications
Mit welcher Botschaft erreiche ich meine Kund*innen am effektivsten? Zu welche Zeit, mit welcher Message, an welchem Ort? Diese Punkte ordnen wir dem Feld Communications zu. Mit der richtigen Botschaft können Impulse gesetzt werden. Beispiele sind hier zurückgelassene Warenkörbe, die wieder aktiviert werden sollen oder auch eine location-basierte Ansprache durch push-messages einer App.
Was benötigt man zur Personalisierung?
Die einfache Antwort ist hier: vor allem persönliche Kundendaten, die jedoch in Europa GDPR konform nur gesammelt werden dürfen, so dass ein Consent durch den Kunden besteht und auch idealerweise First-Party-Data sind.
Hierbei müssen wir vor allem auch Daten unterscheiden, über die man bei einen Kunden anonym und ohne einen Login und Identifikation verfügt und Daten, die nur durch einen gespeicherten Login zur Verfügung stehen. Beides ermöglicht Personalisierung, jedoch bei einem identifizierbaren Kunden kann diese natürlich noch deutlich weiter gehen.
Identitätsdaten
Informationen, die dabei unterstützen, Kund*innen eindeutig zu erkennen und ein Profil zu erstellen.
- Vollständiger Name
- E-Mail-Adresse
- Postanschrift
- Telefonnummer
- Kunden-ID (z.B. von einem Treueprogramm)
- Social Media Profile
Transaktionsdaten
Informationen über die finanziellen Transaktionen zwischen Kund*innen und der Marke.
- Kaufdaten – Datum, Uhrzeit, Standort
- Gekaufte Produkte oder Dienstleistungen
- Ausgegebener Betrag
- Zahlungsmethode
- Rücksendungen oder Umtausch
Demografische Daten
Informationen, die Aufschluss über die demografischen Merkmale von Kund*innen geben.
- Alter oder Geburtsdatum
- Geschlecht
- Beruf
- Bildungsniveau
- Familienstand
- Haushaltseinkommen
Kundenservice-Daten
Informationen über Interaktionen mit dem Kundenservice.
- Anfragen
- Beschwerden
- Feedback
- Kundenservicetickets
Verhaltensdaten
Informationen darüber, wie Kund*innen mit der Marke interagieren.
- Website-Besuche – Aufrufe, Verweildauer, besuchte Seiten
- Kaufhistorie – Produkte, Datum, Häufigkeit
- E-Mail-Interaktionen – Öffnungs- und Klickraten
- Social Media Interaktionen – Likes, Kommentare, Shares
- App-Nutzung – Sitzungen, genutzte Funktionen
Engagement-Daten
Informationen über die Interaktion von Kund*innen mit Marketingkampagnen oder Inhalten.
- Kampagnenreaktionen – Anmeldungen, Downloads, Anfragen
- Teilnahme an Veranstaltungen oder Webinaren
- Nutzung von Angeboten und Rabatten
Technologische Daten
Informationen über die Geräte und Technologien, die Kund*innen verwenden, um mit der Marke zu interagieren.
- Gerätetypen (Smartphone, Tablet, PC)
- Betriebssysteme
- Browser-Typen
- IP-Adresse
CDP als Kernelement einer Personalisierungsstrategie
Die oben benannten Daten sind in vielen Unternehmen in sehr unterschiedlichen Systemen gespeichert. Um jedoch eine effektive und personalisierte Kundenansprache zu ermöglichen, brauchen wir diese Daten an einer Stelle und nahezu real time verfügbar. Die Klasse der Systeme und Anbieter, die dieses heute zur Verfügung stellen, nennen sich CDP (Customer Data Portal) Systeme und ermöglichen, dass Verhaltensdaten real time zusammengezogen und aggregiert werden können und zu anonymen Profilen werden. Darüber hinaus können sich diese anonymen Profile zu personalisierten Profilen weiterentwickeln, sobald sich Nutzende zu erkennen geben, z.B. durch eine Registrierung oder ein Login. Wenn dann noch die Informationen aus den klassischen CRM und ERP-Systemen mit einfließen, ist die Datenbasis nahezu vollständig. Das richtige CDP-System für den eigenen Zweck auszuwählen ist hierbei von entscheidender Bedeutung, da die Anzahl der Anbieter stark gewachsen ist: von Spezialisten wie Tealium oder zeotap hin zu Anbietern aus dem CRM-, Marketing- oder ERP-Umfeld wie Adobe, SAP und salesforce.
Was ist nun Hyper-Personalisierung?
Hyper-Personalisierung im Web ist die Weiterentwicklung der Personalisierung, die noch stärker auf die individuellen Bedürfnisse und Erwartungen der Nutzer eingeht. Dabei werden nicht nur Zielgruppen, sondern einzelne Nutzende angesprochen. Hyper-Personalisierung nutzt dafür verstärkt künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (ML), um die Nutzendendaten zu analysieren, zu segmentieren und zu verarbeiten. Hyper-Personalisierung berücksichtigt dabei nicht nur die oben genannten Faktoren, sondern auch weitere Aspekte, wie z.B. die Emotionen, die Motivationen, die Ziele, die Absichten, die Stimmungen oder die Persönlichkeitstypen der Nutzer*innen. Hyper-Personalisierung passt die Webseiten und Onlineshops nicht nur an die Nutzer an, sondern auch an den Kontext, in dem sie sich befinden, wie z.B. die Tageszeit, das Wetter, die Jahreszeit, die aktuelle Situation oder die vorherigen Interaktionen. Hyper-Personalisierung ist zudem schneller und dynamischer als die herkömmliche Personalisierung, da sie die Anpassungen nahezu in Echtzeit auf Basis des Nutzendenverhaltens durchführt. Ein Beispiel für Hyper-Personalisierung im Web ist, wenn ein Onlineshop Besucher*innen Produkte empfiehlt, die zu ihrer aktuellen Stimmung, ihrem persönlichen Stil, ihrem konkreten Anliegen oder ihrer vorherigen Suche passen.
Was sind die Vorteile von Hyper-Personalisierung im Web?
Hyper-Personalisierung im Web bietet verschiedene Vorteile für die Nutzenden und die Anbietenden von Webseiten und Onlineshops. Für die Nutzenden bedeutet Hyper-Personalisierung eine noch bessere Nutzererfahrung, da sie Inhalte und Angebote erhalten, die genau auf ihre Bedürfnisse, Erwartungen und Situationen zugeschnitten sind. Sie fühlen sich dadurch verstanden, wertgeschätzt und individuell behandelt. Für die Anbietenden bedeutet Hyper-Personalisierung eine noch höhere Kundenbindung, Konversionsrate und Umsatzsteigerung, da sie die Nutzenden gezielter ansprechen, überzeugen und begeistern können. Sie können zudem die Nutzendendaten besser nutzen, um ihre Strategien und Kampagnen zu optimieren und zu personalisieren.
Was macht Hyper-Personalisierung so anders?
Bei der klassischen Personalisierung wird noch viel mit Zielgruppen gearbeitet, die statisch definiert werden, z.B. Männer über 50, Frauen unter 30 Jahren, etc. Dazu werden die Inhalte der Personalisierung häufig manuell erzeugt und mit festen Regeln im jeweiligen Contentmanagement-System hinterlegt.
Dieses Vorgehen ist arbeitsaufwändig und passt sich nur langsam der Dynamik des Besucherstroms an.
Hyper-Personalisierung versucht so weit wie möglich ohne feste Zielgruppen auszukommen, sondern diese dynamisch zu erzeugen oder direkt an die Kund*innen auf Basis des persönlichen Verhaltens 1:1 zu adressieren. In Verbindung mit generativer AI ist es heute auch möglich die passenden Inhalte passgenau zu generieren, die die beste Aussicht auf die Conversion haben.
Von handgemachtem Content zu generiertem Content
Viele Kund*innen schrecken vor dem Aufwand echter Personalisierung zurück, solange sie für jede Zielgruppe manuell Content erzeugen und definieren müssen. Durch generative AI wird es heute möglich, diesen Content in so vielen Varianten vorzugenerieren, dass für jede Situation der richtige Content passgenau zur Verfügung gestellt werden kann. Dies steigert die Effektivität der Wirkung und senkt den Aufwand der Erzeugung
Integriertes Testing
Gut gemachte Hyper-Personalisierung in Verbindung mit generiertem Content nutzt A/B und multivariates Testing, um den erfolgreichsten Content je Zielgruppe zu bestimmen und auszuspielen. Anstatt dass diese Tests manuell definiert werden, wird bei der Hyper-Personalisierung automatisch der Content in Form von Testvarianten ausgespielt, wodurch eine automatische Optimierung erfolgt.
Was braucht man für Hyper-Personalisierung?
Erfahren Sie demnächst in Teil 2 dieser Artikelreihe, welche Systeme zur Hyper-Personalisierung im Web eingesetzt werden und wie wir Sie dabei unterstützen können. Bleiben Sie dran!
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Gerd Güldenast
Managing Partner