Steinzeit oder High End? Studenten wiederholen Untersuchung zum digitalen Status quo Bremens
Im Rahmen des Connected Commerce Camp erforschen Studenten der Universität Bremen gemeinsam mit der Digitalagentur hmmh bereits zum zweiten Mal den digitalen Status quo ihrer Stadt. Wie im letzten Jahr fiel das Ergebnis mangelhaft aus. Zukünftig soll sich etwas tun - doch dafür werden Kooperationspartner aus Gesellschaft, Wirtschaft sowie Politik benötigt.
Bremen, den 29. Mai 2018 – Seinen Kaffee bargeldlos via Smartphone bezahlen, im stadteigenen WLAN surfen oder online bestellte Schuhe stationär zurückgeben – heutzutage sollte das kein Problem mehr sein. Viel mehr interessiert, welche zusätzlichen Potenziale ein Jahr nach der ersten Untersuchung durch die Studierenden der Universität Bremen zusammen mit der Digitalagentur hmmh herausgearbeitet werden können, um die Vernetzung Bremens voranzutreiben. Doch die Prognose sieht schlecht aus: Sowohl die Studenten als auch die Experten der Digitalagentur stellen Defizite fest und sehen dafür einige Gründe in der Politik.
Ziel des Conncted Commerce Camp
Das Conncted Commerce Camp (C3) wurde im Jahr 2017 ins Leben gerufen, um die Vernetzung Bremens zu erkunden, den Status quo festzustellen und um gemeinsam Potenziale für den Ausbau des digitalen Standortes zu entwickeln. Dazu wurden die Studenten der Medienstudiengänge der Universität Bremen mit Smartphones und Smartwatches bewaffnet und auf eine digitale Rallye durch Bremen geschickt. Begleitet wurden sie dabei von der Digitalagentur hmmh, die ihren Hauptsitz in Bremen hat. Wie gut funktioniert das WLAN, kann man bargeldlos via Handy zahlen oder online Bestelltes stationär zurückgeben? Das waren die Fragen, denen sich die Studierenden gestellt haben. Später sollten Ideen zur Verbesserung entwickelt und in begleitete Sessions weitergetragen werden. Im Open Space Format wurden insgesamt 25 Ideen diskutiert, weitergedacht und verworfen, bis sich konkrete Arbeitspakete für die Studenten herauskristallisiert haben. In den Seminaren an der Uni wurden diese vertieft, weiter ausgearbeitet, präsentiert und anschließend benotet. Die Erkenntnis nach dem C3 2017: Die angebotenen Dienstleistungen funktionieren nur mäßig und für die Umsetzung bahnbrechender Ideen fehlt jede Grundlage. Umso gespannter war man auf die diesjährigen Ergebnisse der Untersuchung.
C3 2017 vs. 2018
Selber Ort, dieselben Aufgaben, ein Jahr später. Statt Verbesserungen finden die Studierenden dieselben Defizite vor, die bereits 2017 bestanden haben. Das Bremer WLAN ist noch immer instabil, im stationären Schuhladen, bei dem wir die online bestellte Ware zurückgeben wollen, ist die Dame, die sich besser mit dem Internet auskennt, heute nicht da und der Kaffee lässt sich zwar wieder via Smartphone bezahlen – das dauert aber länger als eine Barzahlung. „Enttäuschend“, findet auch Marco Höhn, Universitätslektor für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Bremen. „Highlight im negativen Sinn ist, dass sich seit einem Jahr in Bremen nichts geändert hat. Letztes Jahr gab es das freie WLAN bereits - in den letzten zwölf Monaten hat sich nichts entwickelt oder bewegt“, führt er fort.
Die Bremer Politik bremst die Entwicklung aus
Die Digitalisierung Bremens scheint nicht nur ein wirtschaftliches Thema zu sein, sondern vor allem ein politisches. „Bestimmte Themen werden einfach ignoriert“, merkt Marco Höhn an. „Wir müssen alle an einem Strang ziehen, das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen und die Politik zwingen, sich mit dem Thema zu beschäftigen“, so Höhn weiter.
Mit starken Kooperationen für eine vernetzte Stadt
Wie wichtig starke Kooperation seien, stellt Marco Höhn gemeinsam mit Marcus Person, Managing Director bei hmmh, fest. „Gerade in Bremen ist dieser Wissenstransfer wichtig. Das Bundesland sowie die Universität hat begrenzte Mittel - daher ist die Universität auf diese Partnerschaften angewiesen, um überhaupt up to date zu sein“, vermerkt Höhn. Das gemeinsame Ziel für 2019 lautet, noch mehrere starke Kooperationspartner ins Boot zu holen, damit sich etwas bewegt. „Wir brauchen keine Präsentationen, sondern konkrete Lösungen für die Stadt. Dazu bedarf es einer größeren Teilnahme von Agenturen und Unternehmen, die den Studierenden helfen, ihre Lösungsansetze auch umzusetzen.“, fügt Marcus Person hinzu. Angedacht sind begleitete Pilotprojekte in der Innenstadt oder in den Geschäften selbst, die von den Firmen begleitet werden. „Dazu stehen wir jederzeit als Vermittler bereit“, verspricht Person.
Bremen als Standort beheimatet viele Agenturen und starke Unternehmen, die ebenfalls von einem digitalen Ausbau profitieren würden. Umso wichtiger ist es eine Entwicklung auf diesem Gebiet voranzutreiben, um Bremen für den Nachwuchs an den Universitäten schmackhaft zu machen. „Dafür wollen wir noch mehr Kooperationspartner ins Boot holen und die Idee des C3 auch für andere Städte öffnen“, verspricht Marcus Person.
Mit Initiative die richtigen Entscheider überzeugen
Björn Portillo ist das Thema Rund um die Digitalisierung und Vernetzung der Stadt gleich doppelt wichtig. In seiner Rolle als Managing Partner bei hmmh sowie als 1. Vorsitzender des Branchenverbandes bremen digitalmedia beschäftigt er sich damit, Unternehmen sowie den Standort zu digitalisieren, zu vernetzen und Kooperationen zu fördern. „Wir müssen vorangehen und durch unsere Initiative anstecken“, sagt Portillo. Wichtig dabei sei, öffentlich in den Dialog zu treten, um den Stillstand der Entwicklung aufzuheben. „Statt nur auf die Defizite oder Potenziale hinzuweisen, wollen wir hier dazu aufrufen auf breiterer Ebene gemeinsam mit weiteren Mitstreitern aus Verbänden, der öffentlichen Hand und interessieren Unternehmen an konkreten Lösungen zur Verbesserung der digitalen Infrastruktur zu arbeiten. Hierzu wollen wir die Studierenden und Interessierte an einen Tisch bringen, um konkrete Projekte für Bremen zu erarbeiten“, freut sich Portillo.
Wir haben die Studenten während des C3 begleitet. Die Videos dazu finden Sie hier: